Neben den "Kings of Homerecording" (die Firma Behringer) mit dem Virtualizer DSP1000 Pro, bietet auch der Studio-Dinosaurier Lexicon abseits der absoluten Profi-Kisten und mehreren Geräten im preislichen Mittelfeld ein Multieffektgerät der Homerecorder-Klasse an. Ob das MPX-100 als annährend doppelt so teurer Kandidat auch qualitativ die Nase vorn hat, soll hier kurz beleuchtet werden. HardwareIm Gegensatz zum Behringer Virtualizer kann der MPX-100 nur mit unsymmetrischen Klinkenbuchsen und einem Steckernetzteil aufwarten, einer unmöglichen Angewohnheit bei günstigen Geräten, bei der Behringer (ausgestattet mit Klinke sym./unsym. und XLR-Ein- und Ausgängen sowie integriertem Netzteil) eigentlich schon seit Jahren beweist, wie man es besser macht. Offensichtlich hat weder die Kundschaft noch die Konkurrenz daraus gelernt. Lexicon bietet dagegen eine Stereoklinkenbuchse, an die sich per Y-Kabel ein Doppel-Fußschalter anschließen lässt, der den Bypass schaltet und über den sich das Delaytempo eintappen lässt. Auch splittet das MPX 100 bei mono belegtem Eingang das Signal automatisch zum zweiten Input. Somit ist das Lexicon für Livemusiker interessant, die nicht sowieso schon über einen MIDI-Controller verfügen. Zum Delay eintappen ist dankeswerterweise auch ein Taster an der Gerätefront vorhanden. Dies und die hohe maximale Delayzeit von 5,7 Sekunden bringen dem Lexicon deutliche Pluspunkte ein, denn das Delay aus Willich kommt gerade mal auf schlappe 340 ms und ist damit zwar nicht Unbrauchbar, aber stark eingeschränkt. Des weiteren bietet das Lexicon noch einen coaxial ausgeführten S/PDIF Ausgang, der die Einbindung in eine digitale Umgebung erleichtern soll. Fraglich, ob dies sinnvoll ist, da kein digitaler Eingang vorhanden ist. Ansonsten sind die Geräte von der Bedienungsweise grundverschieden. Während Behringer mit zehn Soft-Tastern (teilw. mehrfach belegt) und einem Daten-Rad aufwartet, bietet Lexicon nur 3 Taster, dafür aber 7 Drehregler, von denen sechs feste Funktionen haben. Behringer bietet auf der Gehäuserückseite eine Umschaltung der Ein- und Ausgänge von -10 dBV auf +4 dBu, die Speichermöglichkeit vom Wet/Dry-Verhältnis in den 100 Presets (welche sich übrigens alle überschreiben lassen) und die globale Aktivierung von einem 100%igen Effektsignal. Sehr schön fürs Studio! Beide Geräte kommen in einem Vollmetallgehäuse. Die Verarbeitung der Taster und Regler ist durchweg gut. Beim Lexicon gibt es für die direkt und ohne jegliches Spiel arbeitenden Regler noch einen Pluspunkt. Der Virtualizer bietet noch ein 2 1/2-stelliges LED-Display und eine 2x8-stellige LED Kette für den Inputpegel, Lexicon nur eine Signalpresent- und eine Clip-LED pro Kanal. Mit beidem lässt sich aber ordentlich arbeiten. BedienungBei beiden Geräten ist man bei Programmierarbeiten gezwungen, mit Handbuch zu arbeiten, da zwar die Effekttypen bei beiden Geräte auf die Gehäusefront aufgedruckt sind, man aber über die Funktion der jeweiligen Regler (Variation und Adjust) beim Lexicon, bzw. Taster (Variation, Edit A, Edit B) beim Behringer im Unwissen gelassen wird. Aufgrund der ohnehin eingeschränkten Editiermöglichkeiten ist man bei beiden Geräten gezwungen, erstmal ein passendes Preset zu suchen, und dieses dem Geschmack nach zu verändern. Effekte und KlangGleich vorneweg: Bei Hall, Plate- und Room-Effekten hat das Lexicon die Nase deutlich vorn. Weniger die Klangdichte, sonderen die Natürlichkeit des Halls ist beim Lexicon besser; kein Wunder, der Hersteller hat ja auch Jahrzehnte lang Erfahrung gesammelt. Dagegen haben Chorus, Flanger, Phaser und Rotary beim Virtualizer mehr Biss und klingen knackiger. Der Virtualizer bietet zudem einige Effekte, die das Gerät von Lexicon nicht hat: Phaser, Reverse Reverb (Hall mit umgekehrter Hüllkurve) und einen durchaus brauchbaren Vocoder. Der Pitchshifter arbeitet bei beiden Geräten mit deutlicher Verzögerung und ist daher für timing-relevantes Audiomaterial unbrauchbar. Die Editierung ist auch hier bei Behringer besser, da man den Wert der Verstimmung direkt in Halbton- bzw. Centschritten eingeben und über das Display ablesen kann, welches übrigens immer den aktuell zu bearbeitenden Parameter zeigt. Vor- und Nachteile im Überblick
SonstigesPer MIDI sind beide Geräte automatisierbar und zeigen, wie auch in den anderen Bewertungskriterien, das übliche Bild: Behringer einfach und durchdacht; Lexicon etwas umständlich aber praxisorientiert. Beim Virtualizer lässt sich dank einfacher Tabelle ohne Aufwand alles fernsteuern, da alle Parameter festen Controllern zugewiesen sind. Auch das bekannte MIDI-Buchsentrio ist vorhanden. Die Bedienungsanleitung beim Lexicon ist in deutsch und recht übersichtlich gestaltet, bietet aber keine Einführung für Anfänger und keine weiterführenden Informationen wie beim Virtualizer, dem obendrein noch ein beidseitig bedrucktes Merkblatt beilag, dem man alle Infos für den täglichen Einsatz entnehmen konnte, einschließlich Delayzeitentabelle. FazitDer Behringer Virtualizer ist das perfekte
Homerecording-Multieffektgerät, das in vielen Punkten die bekannte Liebe zum Detail aufweist und obendrein erheblich günstiger ist. Jedem Effektgeräte-Erstkäufer sei es ans Herz gelegt, allein schon, da die Anleitung sehr gut geschrieben ist. Einziges Manko ist der Klang der Halleffekte. Wer also Naturinstrumente verhallen will, ist damit leider nicht so gut beraten. Dank des schlüssigen Gesamtkonzeptes verdiente 6 von 10 Punkten.
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Autor: Götz Müller-Dürholt, 12.08.2001 | Ein Service von MEMI. |