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Hersteller/Vertrieb |
Art der Software |
erhältlich für |
Preis |
Native Instruments |
2 Bänke mit FM7-Patches |
Win/Mac |
€ 49,90 |
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Braucht das einer?
Preset-Sammlungen für Synthesizer genießen einen zwiespältigen Ruf. Einerseits sind
Synthesizer zum Synthetisieren da und nicht zum Presets-Abfeuern. Andererseits stellen
diverse Klangsyntheseverfahren eine Wissenschaft für sich dar, die nicht jeder Tastendrücker
ergründen will oder kann. So kommt es nicht selten vor, dass der Lieblingsknopf an einem
Synthesizer derjenige mit der Aufschrift "Random Sound" ist. Schließlich gibt es wichtigeres
im (Krachmacher-)Leben als – ansonsten hervorragende - Tutorials von Peter Gorges
durchzumachen.
Hinzu kommt, dass während die subtraktive Synthese relativ einfach zu durchschauen und zu
begreifen ist, die FM-Synthese nach wie vor den Ruf eines Geheimwissens genießt. Wer
schon mal einen DX7 zu programmieren versuchte, weiß, was gemeint ist: Die
labyrinthähnliche Art, auf die sich verschiedene Parameter gegenseitig beeinflussen, lässt
sich nur schwer durchschauen, und das Klangergebnis bleibt allzu oft dem Zufall überlassen.
Auch der Ende 2001 eingeführte Software-FM-Synthesizer FM7 von Native Instruments hat
an dem Stand der Dinge nur wenig verändert. Zwar erschließen sich nun die grundlegenden
Operationen dank hervorragender Benutzeroberfläche leichter dem Klangforscher, dafür aber
sorgt die Vielfalt an zusätzlichen Features zuverlässig dafür, dass nicht nur ein FM-Neuling
allzu oft etwas ratlos dasteht. Gerade das FM-Sounddesign bleibt als Fulltime-Job den
Eingeweihten, Klangvisionären, Tüftler-Genies und Meschuggenen vorbehalten.
Vor diesem Hintergrund erscheint nun die CD-ROM "FM7 Sounds Vol. 1" von Native
Instruments mit 256 Klängen für FM7 – und landet einen Volltreffer.
Installation
Die CD kommt, wie bei NI üblich, geschmackvoll verpackt ins Haus: eine Art universelle,
aufwändige Umverpackung umhüllt die eigentliche Digipak mit der Sounds-CD. Die zweite CD
im Package beinhaltet aktuelle Demos anderer Nativen Instrumente.
Die Klangdateien liegen auf der CD im Ordner "FM7 Sounds Vol 1" und sind frei zugänglich.
Es reicht also, im Finder den Ordner an die entsprechende Stelle zu verschieben, um dem
FM7 die Sounds zur Verfügung zu stellen.
Wer es lieber modern mag, der startet den Installer von der CD und tippt die beiliegende
Seriennummer ein. Was auf den ersten Blick etwas absurd erscheint, entpuppt sich kurz
darauf als schlauer Schachzug: so schlägt der Installer vor, nachdem er die Sounds
installiert hat, auch gleich FM7 auf Version 1.1 zu aktualisieren – was man ihn tunlichst
machen lassen soll, falls noch nicht geschehen. Daraufhin wird FM7 samt VST-Plug-ins auf
den neuesten Stand gebracht und der Installer zusätzlich auf die Festplatte kopiert.
Und es ward Sound
Nach dem Start von FM7 können die Sounds endlich geladen werden. Wie bei FM7 üblich,
stehen die Klänge entweder als 32er Bänke oder aber als zwei komplette "Loader" à 128
Programme zur Verfügung. Der erste Satz beinhaltet je zwei Bänke voller Pads und Loops;
der andere kommt mit 2 Drums- und zwei Synths-Bänken daher.
Ein erster Eindruck lässt sich kurz zusammenfassen: Was, das geht mit FM? Wer in den letzten
Monaten zahllose DX-Sounds aus dem Netz zusammengetragen und ausprobiert hat, staunt
nicht schlecht: Mittels FM-Synthese lässt sich wesentlich mehr zaubern als die typischen
1980er Jumps und Pads. Nun war dies schon mit werkseitigen Presets von FM7 klar; doch
was die Klanggestalter Peter "The Blue Book" Krischker, Eric Young, Steffen Müller und
Thomas Krarup aus der Software-Kiste gezaubert haben, übertrifft alle Erwartungen. Je nach
Programm klingt das PowerBook mit FM7 plötzlich böse wie ein Virus, barock-rau wie ein
Absynth, brachial wie eine alte Schlagzeugmaschine oder aber abgespaced weich.
Allen Klängen ist ein Feature gemeinsam: Sie lassen sich durch Velocity und/oder Modwheel
teilweise drastisch verändern, was die Klangsammlung noch einmal aufwertet.
Kuschelweiches Sandpapier
Was kann schon an Pads revolutionär sein? In der Tat bilden die Pads die konservatisten
Bänke der Sammlung – was aber keineswegs "langweilig" bedeuten soll. Statt noch einer
weiteren Ladung von Strings und Spheres finden sich darunter wahre Perlen, modulierte,
dynamische Flächen, Sounds mit massiver Verwendung von Oszillator-Delay (44,
Taschenbillard), filmreife Klangteppiche (18, Propellerheads), beunruhigende Sweeps &
Spikes (alle 4 "The Chrysalis"-Programme). Übrigens: An Selbstironie mangelt es den
Programmierern auch nicht (08/15)
Where time becomes a loop
Die interessantesten Programme von FM7 Sounds Vol 1 sind zweifelsohne die Loops. Obwohl
FM7, ähnlich wie Absynth, keinen Arpeggiator hat, lassen sich mit Hilfe von Pitch-Kurven
komplexe rhythmische Verläufe und Schleifen realisieren, die nicht nur einen Arpeggiator,
sondern auch so manchen Hardware-Stepsequenzer alt aussehen lassen. Das Spektrum reicht
von Dance-ähnlichen Abläufen (Triologic, Bamboo Sequencer) über TR-Reminiszenzen
(Cyanide Percussion), deepe Subbass-Paraden (Bottom Sequence), Clubsounds (As Sleep
Brings Dreams, Acid Stew) und House bis hin zu Autechre-verdächtigen clicks&cuts (Water
Is Life, Ame No Hayashi De). Das bereits in Absynth erfolgreiche Konzept zeigt hier ein
etwas anderes, etwas kühleres Gesicht, ohne auf die Lebendigkeit und Komplexität des
blauen Genossen zu verzichten. Die meisten Loops sind temposynchronisiert und haben
einen freien Startpunkt, was mit etwas Spielgeschick äußerst komplexe rhythmische
Strukturen erzeugen lässt – klasse.
Hit the road, Jack
Fein säuberlich einsortierte Drum-Instrumente lassen ebenfalls kaum Wünsche offen. Alle
modern-nostalgischen Klänge im Stil von x0x sind vorhanden und lassen sich – einen
leistungsfähigen Rechner vorausgesetzt – zu amtlichen Drumsets zusammebauen. Jedes
Drum-Instrument belegt ein einzelnes Programm und lässt sich getunt spielen – andererseits
müssen für ein Set genügend Instanzen von FM7 im Sequenzer laufen. Ein paar Drumset-
Programme wären eine sinnvolle Ergänzung, leider lässt sich so etwas in FM7 prinzipbedingt
nicht realisieren. So kann unter Umständen der Weg über einen Sampler angesagt sein, um
die druckvollen Drums der NI-Sammlung ordentlich zur Geltung zu bringen. Aber auch als
Instanzen brint FM7 selbst unser zweijähriges Pismo-PowerBook mit LogicAudio 5 nicht aus
der Containance – einmal wieder ein Beweis dafür, wie genügsam die Nativen Instrumente
sind.
Angereichertes Plutonium
"Gääähn... noch ein Minimoog-Fake?" – weit gefehlt, denn auch in der Synths-Bank zeigen
sich die NI-Programmierer von ihrer besten Seite. Auch wenn es an Polymoog- und Juno-
Sounds nicht fehlt, so treten diese keineswegs dominant hervor. Angereicherte
Analogsounds drücken amtlich das Fenster aus dem Rahmen, Filterkurven schnellen
ordentlich rauf und runter, Sequenzer-Bass-Sounds laden dazu, nochmal die Jugend an
ihnen zu verschwenden – da gibt es einfach nichts zum Meckern. Zum Glück lässt sich der
Delay-Effekt zurückdrehen – wen er nicht stört, der erfreut sich an fertigen
Rhythmusmodulationen. An sich stellen die Synth-Sounds vermutlich nichts Neues dar, doch
alleine der Umstand, dass ein FM-Synthesizer so manchen "Virtuell-analogen" in die Ecke
verweist, stimmt optimistisch.
Fazit
Mit der Sammlung "FM7 Sounds Vol 1" dürfte der Mythos, FM sei bestenfalls für Anne-Clark-
Sounds der 1980er geeignet, endgültig gefallen sein. Die Programmierer zeigen, wieviel
kreatives Potenzial in der FM-Synthese steckt, und lernen allen anderen Klangschraubern
gehörig das Fürchten.
Native Instruments wertet ihren Software-Synth mit dem Soundpaket noch einmal auf. Vor
allem die Loop-Sounds geben einem das Gefühl, für wenig Geld einen brandneuen
Synthesizer bekommen zu haben. Auch für diejenigen, die nur äußerst ungern Presets
verwenden, ist die CD sinnvoll – als Lernmaterial und Inspirationsquelle.
Weiterführende Links bei MEMI:
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